1. Omnibus der Welt aus Deuz

In Deuz mag es zwar keine Straßenbahn, keine U-Bahn und keine Busse im 5-Minuten-Takt geben, dafür gab es hier am Ende des 19. Jahrhunderts den 1. Omnibus der Welt.

Bild: Erster Benzin-Omnibus der Welt 1895

Erste motorisierte Omnibuslinie 1895

Am 18.03.1895 wurde zwischen Siegen und der damals noch selbstständigen Gemeinde Deuz, welche heute zu Netphen gehört, durch die Netphener Omnibusgesellschaft die erste motorisierte Omnibuslinie der Welt eröffnet. In diesem Jahr machte sich die Aktiengesellschaft, welche nach heutigem Recht dennoch als GmbH laufen würde, daran die Omnibus mit Pferdegespannen durch einen Omnibus mit Benzinmotor zu ersetzen. Zu dem Einsatz kam ein Fahrzeug der Firma Benz aus Mannheim, welches für 5 Tausend Mark erworben wurde. Der Wagen war 2,00 m breit und 3,50 m lang, war mit verglasten Fenstern ausgestattet und verfügte schon über eine Heizung. Vorgesehen war die Beförderung von 6 Personen, Platz war dennoch für 8 und auf dem Führerstand konnten weitere 2 Personen Platz finden. So konnten mit dem Omnibus insgesamt 11 Personen einschließlich Fahrer befördert werden. Am Heck und auf dem Dach des Busses befand sich Stauraum für Gepäck. Der Betrieb fand zwischen 6:45 Uhr Morgens und 20:55 Uhr Abend statt. Für die 15 km lange Strecke benötigte der Bus rund 1 Stunde und 20 Minuten, woraus sich eine Durchschnittsgeschwindigkeit von circa 14 km/h ergab. Die Beförderung kostete umgerechnet 4-5 Pfennig pro Kilometer.

Der erste Benzin-Omnibus der Welt wurde gefahren durch Karl Otto aus Nauholz. Die Fahrten gingen dennoch nicht so reibungslos von Statten. In dem Streckenverlauf befanden sich zwei Steigungsstrecken, welche sich als zu steil für den Motor des Busses heraus stellten. So kam es des öfteren vor, das die Fahrgäste an diesen Stellen aussteigen mussten, um den Bus zu helfen. Auch waren die Begegnungen mit den verkehrenden Postkutschen nicht unproblematisch. Von Augenzeugen wurde berichtet, das der Kutscher Schwierigkeiten hatte, die Pferde auf dem Weg zu halten. Eine weitere Schwierigkeit stellten die benutzten Vollgummireifen dar. Da diese stets wieder von der Felge absprangen und man diese Schwierigkeit nicht in den Griff bekam, griff man auf die bewährten Eisenreifen der Postkutschen zurück.

Am 01.07.1895 kam es zu einer Anschaffung eines zweiten Wagen um Betriebsstörungen wirksam entgegen treten zu können. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte man bereits 10600 Personen befördert und 3100 Mark eingenommen. Am 20.12 1895 musste dennoch die Busse ihren Betrieb wieder einstellen und die Pferdeomnibusse kamen wieder zu Einsatz. Diese verkehrten auf der Strecke bis in das Jahr 1906. In diesem Jahr nahm Kleinbahn Weidenau-Deuz-Irmgarteichen ihren Betrieb auf und sorgte für einen bessere und zuverlässigere Verbindung.

Mehr Verlagerung auf die Straße

Die Dampfpersonenzüge der Kleinbahn fuhren seit 1906. Ende der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts wurden sie durch moderne Schienenbusse ersetzt, und auch im Güterverkehr hielt der Dieselmotor seinen Einzug. Doch auch die Schienenbusse konnten einen Trend nicht mehr aufhalten, der immer mehr auch im Siegerland einsetzte: die Verlagerung des Personen- und Güterverkehrs auf die Straße. So wurde bereits 2 Jahre vor der 1970 erfolgten Gründung der Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd der schienengebundene Personenverkehr eingestellt. Fortan gab es wieder Omnibusse, wie mittlerweile überall. Jedoch gab es sie hier zuerst!

Quellen: www.vws-bus.de (Bild heute), Wikipedia

Details

Für DM 11.000 wurde im Jahre 1895 dieser Omnibus durch die Herren Wilhelm Hüttenhain und H. Hautschbach aus Netphen, Otto Irle und H.T. Kleun aus Deuz bei der Firma Benz & Cie aus Mannheim bestellt.

Angetrieben wird dieser Omnibus durch einen 5 PS starken Einzylindermotor. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 20 Stundenkilometer. Acht Personen konnten mit diesem Omnibus befördert werden. Die Preise zu dieser Zeit betrugen bei 16 km DM 0,60 pro Person.

Wilhelm Hüttenhain und seine fortschrittliche Tat

Aus einem Interview, das der 91-jährige Lederfabrikant Wilhelm Hüttenhain aus Obernetphen am 3. Februar 1962 der in Siegen erscheinenden WESTFALENPOST gab, und auch aus anderen Quellen ist bekannt, dass er Befragte zugleich Initiator und Geschäftsführer der am 7. Dezember 1894  gegründeten „Netphener Omnibus-Gesellschaft“ gewesen ist.

So berichtete die WESTFALENPOST:

„Wilhelm Hüttenhain und seine Geschäftspartner hatten sich schon lange über die schlechte Verbindung zwischen dem Johannland und der Metropole (Gemeint ist Siegen) geärgert.
Eine vollbepackte Postkutsche fuhr morgens auf schlechten Straßen zur Kreisstadt und abends wieder zurück. Wer es eiliger hatte, mußte eben zu Fuß über die Berge wandern. Diesem Zustand abzuhelfen, war das Ziel der Fortschrittlichen.“

Die Ortsgeschichte von Netphen berichtet zu diesem Thema folgendes:

„1894. Am 13. November wurde von einigen Netphener Herren eine Benzinmotor-Wegeverbindung zwischen Weidenau-Netphen-Deuz angeregt. Es fanden  sich sofort sämtliche Anwesende bereit, durch Zeichnungen von Geldbeträgen die angeregte Sache in Fluß zu bringen.  Man beschloss sodann, Offerten betreffs Kostenpunktes eines Wagens einzuziehen, ferner sich über Leistungsfähigkeit, Benzinverbrauch und dergleichen zu orientieren.
Ein Wagen mit einem 4-5pferdigen Benzinmotor sollte danach 6-8 Personen ca. 5-6000 Mark kosten und bei mittlerer Fahrgeschwindigkeit von Deuz bis Weidenau ca. 1 Stunde gebrauchen; er könnte also die Tour 4mal hin und zurück machen.

Es würde also auf diese Weise für Jedermann eine bequeme und häufige Verbindung geschaffen und dürfte namentlich auch für Netphen geschäftlich von nicht geringem Nutzen sein.“

Daten:

Gesamtlänge 4,3 m
Achsenabstand 2,65 m
Höhe 3 m
Breite 2 m
Radbreite 1,62 m
Raddurchmesser vorne 1,23 m
Raddurchmesser hinten 1,32 m
Gewicht ca. 1700 kg

Quelle: http://www.irle-group.com/ru/geschichte/historischer-omnibus/